16/08/2004

Öffentlich ist, was nicht strikt privat ist

Das Bundesgericht zeigt einmal mehr bewundernswerte Courage, wenn auch die Entscheidung - wie nota bene jede heikle Entscheidung - durchaus diskutable Aspekte aufweist. In seinem jüngsten Urteil zur Rassismus-Strafnorm nimmt es eine Praxisänderung vor, die die Anwendbarkeit dieser Norm wesentlich ausweitet. Damit sehen sich natürlich die Grossmäuler aller Parteien (wobei es in der einen Partei wohl mehr davon hat als in der anderen) in ihrer Meinungsäusserungsfreiheit eingeschränkt.

Wenn sich daraus nun wieder - wie bereits beim Einbürgerungs-Entscheid - ein veritables Bundesgerichts-Bashing entwickelt (und die Tatsache, dass die website des Gerichts momentan nicht zugänglich ist, weist darauf hin), so übersehen die Heisssporne, dass es präzis die Aufgabe des Bundesgerichts ist, solche Interpretationsentscheide zu fällen.

Und wenn sie korrekterweise statt des Sackes den Esel, d.h. den Gesetzgeber schlagen wollen, weil sie mit der Regel grundsätzlich nicht einverstanden sind, so kommt es noch schlimmer; sie scheinen dann nämlich ihre Meinungsäus-serungsfreiheit dahingehend nutzen zu wollen, um öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufzurufen und anderes mehr (soweit Art. 261bis StGB).

Jederzeitige Wachsamkeit gegenüber Beschränkungen von Freiheitsrechten ist wichtig und angebracht, aber genauso wichtig ist es in unserer sonst von Ochlokratie bedrohten halb-direkten Demokratie, eine sinnvolle Balance der Gewaltenteilung zu halten.

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