05/09/2005

Liberale Frauen

Abgesehen vom Bahnhofblues habe ich noch gar nicht über meine Samstagsaktivität berichtet. Ich war am Frauentag - Liberalismustag (flapsige Kommentare überflüssig), um mit einer der Organisatorinnen ein Projekt zu besprechen, von dem man bald hier lesen wird. Angesichts der Tatsache, dass der Anlass frühmorgens um 1030h in SG angefangen hat, habe ich natürlich den Anfang verpasst, aber der ebenfalls anwesende Mitblogger Christian hat sowieso einen Beitrag verfasst, dem es nichts mehr hinzuzufügen gibt. Es gibt höchstens was wegzunehmen, und zwar die Schlussbemerkung, die die allgegenwärtige, strukturkonservative Wettbewerbsangst stehen lässt. Dazu zwei Bemerkungen: 1. Es gibt immer jemanden, der noch besser qualifiziert ist, und 2. kann der weniger qualifizierte trotzdem seine Existenzgrundlage finden - die theoretische Untermauerung findet sich in Ricardos Lehre vom komparativen Vorteil.

Ich bin gespannt auf Julikas offiziellen Kommentar zum Anlass, der im übrigen qualitativ äusserst hochstehend war. Ausser der Tatsache, dass Y-Chromosomen im Publikum nur spärlich vertreten waren, hat nichts auf den Frauentag hingewiesen, was wohl einerseits ein gutes Zeichen für die Emanzipation ist, andererseits aber die Notwendigkeit eines dergestalt spezifizierten Anlasses in Frage stellt. Man verstehe mich nicht falsch: Anlass & Fragestellung waren hervorragend, aber das Forum war keinesfalls zwingend. Gerade die "Herren der Schöpfung" sollten sich der Liberalismus-Debatte sehr viel ausführlicher stellen. Aber wie gesagt, man darf auf Julika gespannt sein, so ihr Internet-Anschluss innert nützlicher Frist wieder operativ werden sollte.

P.S. Und hier ist er auch schon, der offizielle Kommentar ...

P.P.S. Die für mich interessantesten, anderswo noch nicht erwähnten Aussagen waren Julia Onkens Hinweis auf ein Schleier-Experiment, das sie kenne: Einige Frauen hätten während einiger Tage einen typischen muslimischen Schleier getragen und sich dadurch nach kurzer Zeit in ihrer geistigen Beweglichkeit eingeschränkt gefühlt - ohne weiteres nachvollziehbar. Und Robert Nef hat darauf hingewiesen, dass auch Liberale in der praktischen Politik immer wieder Kompromisse eingehen müssten. Allerdings dürften sie das erst im Verlauf der Verhandlungen, und nicht schon in deren Vorwegnahme!

4 comments:

Anonymous said...

Hallo Chris
Ich spiele nicht mit der Angst der schlechter Qualifizierten. Ich beobachte nur, dass in ganz Europa und zunehmend auch in der Schweiz viele Menschen Angst vor dem internationalen Wettbewerb haben. Und es gehört zu meinem Verständnis eines politischen Liberalismus, sich Gedanken über diese soziale Tatsache zu machen. Bin auf eure Projekt gespannt.
Grüsse aus Bern

Chris said...

Das behaupte ich auch nicht - Du lässt sie nur "in der Landschaft " stehen. Tatsächlich ist sie aber irrational und - wie Aengste immer sind - konservativ / lähmend, somit anti-liberal. Man kann ihr nur durch Aufklärung und schneller Veränderung der Rahmenbedingungen wirksam begegnen.

Anonymous said...

Ich habe mir das Experiment von Julia Onken auch nochmals durch den Kopf gehen lassen. Meistens nimmt man bei solchen Experimenten ja die Veränderungen war und nicht gewohnte Zustände. Vielleicht würde sich eine geübte Kopftuchträgerin wirklich nackt und ausgestellt vorkommen, wenn sie das Tuch ablegen würde. Ich weiss nicht. Okens Beispiel ist auf den ersten Blick eindrucksvoll, denkt man darüber nach, verliert die damit gemachte Aussage an Kraft.

Chris said...

Heikles Thema, offensichtlich. Da ich selbst meinen Tweed oder zur Not noch einen Zweireiher dem Schleier vorziehe und auch keine Damen in meinem persönlichen Bekanntenkreis habe, die sich derart verunstalten, kann ich die intellektuelle Leistungsfähigkeit von Schleierträgerinnen schlecht beurteilen und überlasse das vertrauensvoll der Einschätzung der Ehrenwerten Ayaan Hirsi Ali.